Schritt 1: Vorbereitung der ASJler_innen in der Gruppenstunde

Integration gelingt dann am besten, wenn eure Programme für und mit geflüchteten Kindern und Jugendlichen aus euren ASJ-Gruppen entstehen und möglichst auch zusammen mit Ihnen umgesetzt werden. Eure ASJler_innen sind am nächsten an der Zielgruppe dran und sie können den Kindern und Jugendlichen am besten helfen, Hemmschwellen oder Ängste zu überwinden. Dazu muss im Vorfeld natürlich etwas Aufklärung betrieben werden. Fakten, wie beispielweise geografische Kenntnisse, wo die Geflüchteten herkommen, wie viele zu uns kommen, was die Fluchtursachen sind und vieles mehr können in der Gruppenstunde vorbereitend thematisiert werden. Auch für das Thema Fremdenfeindlichkeit und ihre Ursachen solltet ihr sensibilisieren. Vor dem ehrenamtlichen Engagement in der Flüchtlingsunterkunft steht daher als erster Schritt, eure Kids mit ins Boot zu nehmen. Wir haben euch dafür eine „Mustergruppenstunde“ entwickelt, die Anregungen bietet und von euch mit zahlreichen eigenen Ideen angefüllt und weiterentwickelt werden kann.

Aufbau einer Mustergruppenstunde:

Methoden zum Thema Flucht für die Gruppenstunden
Ihr wollt in eurer Gruppe geflüchtete Kinder aufnehmen, ein tolles Projekt mit und für geflüchtete Kinder starten oder euch einfach mit dem Thema Flucht im Allgemeinen auseinandersetzen? Das finden wir toll! Deshalb haben wir hier ein paar Anregungen für eure Gruppenstunden zusammengestellt, die ihr nutzen könnt um einen Einstieg ins Thema zu bekommen. Wir wünschen euch viel Spaß dabei und viel Erfolg. Falls ihr Anregungen und gute Ideen habt für weitere Methoden dann lasst es uns wissen!

1. Andere Länder, andere Sitten

Ziele:
Die Teilnehmenden erkennen,
• dass Menschen verschieden sind;
• dass jeder sich in unterschiedlichen Gruppen bewegt;
• dass man mal in der Mehrheit und mal in der Minderheit ist;
• verschiedene Gruppen unterschiedlich bewertet werden.
 

Material:
• Plakat mit der Aufschrift „Trifft auf mich zu“
• Plakat mit der Aufschrift „Trifft nicht auf mich zu“
• Blatt mit Fragen

Übung:
Hängt die beiden Schilder jeweils an die entgegengesetzten Wände und stellt nun die verschiedenen Aussagen, zu denen sich die Einzelnen jeweils positionieren sollen. Wer sich nicht entscheiden kann, darf in die Mitte:
• Ich habe eine Bahncard
• Ich spiele ein Instrument
• Ich lese gerne Bücher
• Ich bin bei Facebook
• Ich kann mehr als eine Fremdsprache
• Ich gehöre einer Religionsgemeinschaft an
• Ich bin in Deutschland geborenen
• Meine Mutter oder mein Vater stammen aus einem anderen Land
• Meine Großeltern stammen aus einem anderen Land
• Ich trinke keinen Alkohol
• Aus meiner Familie ist jemand ausgewandert
• Ich spiele gerne Brettspiele
• Ich bin Vegetarier
• Ich lebe noch an dem Ort, an dem ich geboren bin

Auswertung:
• Wie ist es euch mit den Zuordnungen ergangen?
• War die Zuordnung immer einfach?
• Wo war es angenehmer, Mehrheit oder Minderheit?
• Gab es Überraschungen bezüglich der Mehrheit oder Minderheit?

2. Eine Postkarte aus Deutschland

Ziele:
Die Teilnehmenden setzen sich damit auseinander, was sie als typisch deutsch empfinden und erkennen, dass „typisch deutsch“ sehr unterschiedlich sein kann.

Material:
weißer Karton in Postkartengröße, Buntstifte

Übung:
Alle Teilnehmenden gestalten eine Postkarte an eine_n Austauschschüler_in:
Die Vorderseite sollte mit einem Motiv gestaltet sein, das Deutschland für sie ausmacht; auf der Rückseite wird beschrieben, was sie in Deutschland gut finden und was nicht.
Im Anschluss werden Kleingruppen gebildet und die Karten gegenseitig vorgelesen.
Zum Abschluss treffen sich alle im Plenum.

Auswertung:
• Gab es viele Übereinstimmungen?
• Haltet ihr diese Übereinstimmungen für zutreffend?
• Identifiziert ihr euch mit diesen Begriffen?
• Welche Gefühle lösen diese Zuschreibungen bei euch aus?
• Was waren die größten Unterschiede?
• Würde jemand aus dem Ausland Ähnliches beschreiben?

3. Auf der Flucht

Ziele:
Die Teilnehmenden machen sich Gedanken darüber, was es bedeutet, seine Heimat zu verlassen.

Material:
Metaplanwände und Stifte

Übung:
Auf großen Plakaten werden folgende Fragen in einer geschriebenen Diskussion erörtert:
Plakat 1: „Stell dir vor du müsstest fliehen, was würdest du mitnehmen?“
Plakat 2: „Du bist an deinem Zielort angekommen. Was bräuchtest du, damit du dich wohlfühlst?“
Plakat 3: „Was müsste in Deutschland passieren, damit du die Flucht ergreifst?“
Plakat 4: „Welche Schlagzeilen geistern zum Thema Flucht in Deutschland durch die Presse?“
Plakat 5: „Welche Parolen werden an deutschen Stammtischen zum Thema Flucht gedroschen?“

Je nach Anzahl der Teilnehmenden können Plakate auch doppelt ausgefertigt werden.

Die Plakate werden im Raum ausgelegt, und alle Teilnehmenden können die Plakate beschreiben; es dürfen auch Kommentare zum Geschriebenen abgeben werden, allerdings nur schriftlich. Während der gesamten Diskussion wird nicht gesprochen.

Auswertung:
Hier einige Anregungen, die zur Auswertung im Plenum genutzt werden können:
Plakat 1: Fehlt noch etwas? Ist die Menge realistisch?
Plakat 2:Priorisiert nach Wichtigkeit – ist das in Deutschland aus eurer Sicht gegeben? Was fehlt in Deutschland?
Plakat 3: Teilt ein in freiwillige und unfreiwillige Fluchtgründe.
Plakat 4: Treffen die Schlagzeilen aus eurer Sicht zu oder nicht? Welche?

4. Rollenspiele

Ziele:
Die Teilnehmenden machen sich vertieft Gedanken, wie es Geflüchteten Menschen in Deutschland geht.

Material:
Kärtchen und Stifte

Übung:
Sammelt im Plenum verschiedene prägnante Alltagssituationen von Geflüchteten, z. B. Ankunft in der Erstaufnahmeeinrichtung, Einkaufen im Supermarkt, erster Schultag, und schreibt sie auf Karten.

Nachdem ihr verschiedene Situationen gesammelt habt, bildet ihr Kleingruppen von 3 bis 4 Teilnehmenden. Jede Gruppe nimmt sich eine Karte und überlegt sich jeweils zwei kleine Rollenspiele dazu.

Szene 1: So stellen wir uns das Szenario realistischerweise vor.
Szene 2: Das ist unsere Wunschvorstellung.

Nach einer Vorbereitungszeit werden die kurzen Szenen im Plenum vorgespielt.

Auswertung:
Besprecht nach jeder Szene:
War die Szene 1 in den Augen der Zuschauer realistisch? Haben die Zuschauer andere Wünsche an die zweite Szene?

5. Collage zum Thema Flucht/Heimat

Ziele:
Die Teilnehmenden machen sich vertieft Gedanken, was es bedeutet, die Heimat zu verlassen und auf der Flucht zu sein.

Material:
Zeitschriften, Zeitungen, Plakate, Buntstifte, Scheren, Kleber

Übung:
Es werden Kleingruppen mit jeweils 3 bis 4 Personen gebildet, die jeweils eine Collage zum Thema „Heimat-Flucht“ erstellen.
Anschließend werden die Collagen in einer kleiner Ausstellung vorgestellt.

Auswertung:
• Was wird dargestellt?
• Welche Erfahrungen, Positionen und Realitätsebenen tauchen auf (Wünsche, Ängste, Hoffnungen)?
• Welche Themen stehen im Mittelpunkt, welche sind eher Randerscheinungen?

Links zu Methodensammlungen für die Themen Flucht und interkulturelles Lernen

LJR Thüringen: Modul zur Jugendverbandsarbeit mit Flüchtlingen in JULEICA-Schulungen
LJR Nordrhein-Westfalen: Ideen- und Methodensammlung

Naturfreundejugend Deutschland: Methoden zum Abbau von Vorurteilen

LJR Niedersachsen: JULEICA-Praxisbuch, Kapitel "Interkulturelle Jugendarbeit"

BJR Oberbayern, BJR Unterfranken: Arbeitshilfe zum ehrenamtlichen Engagement in der Jugendarbeit für junge Menschen mit Fluchterfahrung
 

Hintergrundmaterial zum Thema Flucht:

ASJ am Puls
In den vergangenen Ausgaben des ASJ am Puls haben wir „Flucht und Integration“ mehrfach zum Thema gemacht. Eine Sammlung des Materials sowie Spielideen, die auch ohne Sprache funktionieren, findet ihr auf der ASJ-Website unter folgenden Links:

Artikel "ASJ weltoffen und Tolerant"

Positionspapier der Arbeiter-Samariter-Jugend Deutschland zur Situation von Geflüchteten

Infografik über Fluchtgründe

Übersicht Wohlstand der Länder und Anzahl aufgenommener Flüchtlinge

Spiele (fast) ohne Sprache

Spiele, die beim Deutsch lernen helfen

 

Weitere Quellen


HanisauLand

HanisauLand ist ein Angebot der Bundeszentrale für politische Bildung und bietet Kindern im Alter zwischen acht und 14 Jahren einfache und verständliche Zugänge zum Thema Politik, aber auch darüber hinausgehende Informationen, Tipps, Unterhaltung und aktive Mitmachangebote an. Zum Thema „Kinder und Jugendliche auf der Flucht“ gibt es eine eigenständige Rubrik, die das Thema kindgerecht vermittelt: HanisauLand Kapitel 4: Kinder und Jugendliche als Flüchtlinge

Die Kinder können die Seite eigenständig oder mit ihren Eltern entdecken, sie konkret zur Vorbereitung auf die Gruppenstunde nutzen oder sich auch gemeinsam mit ihren Betreuern in der Gruppenstunde informieren, Fragen stellen und ihre Meinung kundtun. Dazu gibt es Buch-, Film- und Linktipps, die zusammen in der Gruppenstunde angesehen und diskutiert werden können.

Einige Linktipps von HanisauLand

Die Sendung „pur+“ widmet sich unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen unter pur+Mediathek zum Thema Flucht
Bei der „Sendung mit der Maus“ findet ihr Lach- und Sachgeschichten in Arabisch, Kurdisch und Dari Sendung mit der Maus in Arabisch, Kurdisch, Dari

Auf der HanisauLand-Website gibt es auch ein Willkommensplakat in vielen Sprachen für geflüchtete Kinder: Willkommensplakat in vielen Sprachen


Weitere Websites zum Thema
Informationen zu Flucht und Asyl für Jugendliche:
Bestellseite für "Was geht?" Das Heft zu Flucht und Asyl

Sammlung von Lehrmaterialien zum Thema Flucht und Asyl

„Willkommen auf Deutsch“- eine sehr anschauliche Filmdokumentation zum Thema, mit begleitenden Materialien für die pädagogische Arbeit oder zum Einsatz in Seminaren Filmdauer: 90 Minuten, empfohlen ab 14 Jahren: Film "Willkommen auf Deutsch"

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